Am 09.10.2019 greift ein antisemitischer, rassistischer und antifeministischer Attentäter in Halle an der Saale die Synagoge der Stadt am höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur, an. Er versucht sich Zugang zum Gebäude zu verschaffen, scheitert und tötet die Passantin Jana L. vor der Synagoge. Sein nächstes Ziel ist der KiezDöner, ein Imbiss in der Ludwig-Wucherer-Straße, unweit der Synagoge. Dort tötet er Kevin S. und versucht gezielt migrantisch gelesene Menschen zu ermorden. Auf seiner Flucht kommt es zu einem weiteren rassistisch motivierten Mordversuch, sowie zu diversen anderen Gewaltverbrechen. Von Juli - Dezember 2020 fand in Magdeburg der Prozess gegen den Attentäter statt. Neben den Hauptkläger*innen gab es im Gerichtsverfahren 43 Nebenkläger*innen, die das Feld dessen, was in den Sitzungen des Gerichts verhandelt wird, um weitere Perspektiven erweiterten.
PROJEKTBESCHREIBUNG
Im Wintersemester 2020/2021 hat die Studiengruppe Informationsdesign ihre Projekte in Zusammenarbeit mit der „Initiative 09. Oktober Halle“ sowie mit „Halle gegen Rechts“ entwickelt. Diese Initiativen stehen in engem Austausch mit Nebenkläger*innen deren verschiedene Perspektiven und Anliegen in die Öffentlichkeit kommuniziert werden sollen. Ein wichtiger Aspekt war hierbei Zusammenhänge der Tat von Halle mit gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre sichtbar zu machen. Wir besuchten die Gerichtsverhandlung in Magdeburg, durften Aspekte der Ausstellung „Raum der Erinnerung und des Gedenkens“ zum ersten Jahrestag des Anschlags begleiten und kamen in den Austausch mit den Unterstützer*innengruppe der „Soligruppe KiezDöner“.
Wir untersuchten, welchen Beitrag wir aus dem Informationsdesign in einem solchen Kontext leisten können und stellten uns Fragen wie: Wie waren die Abläufe? Welche Parallelen gibt es zu vorherigen Ereignissen, gibt es wiederkehrende Muster, Analogien und Unterschiede? Was davon ist sichtbar? Was nicht? Und wer macht etwas sichtbar? Wer nicht? Wie lassen sich Öffentlichkeit und ein bürgerliches Engagement erzeugen? Welche Rolle spielt hierbei die Gerichtsverhandlung als öffentliches Forum? Was hat Autorität und was ist autoritär? Wie funktioniert Erinnern? Welche Bedeutung hat das Dokumentieren, das Archivieren, das Publizieren im Kontext traumatischer Ereignisse? Welche Rolle spielt das Digitale bei der Radikalisierung der Täter? Was sind die Grenzen des Visuellen und wie gehen wir mit ihnen um? Wer ist unser Gegenüber und wie arbeiten wir gemeinsam? Welche Bilder fehlen und können wir sie erzeugen?
WEITERE FORMATE
Flankierend zur Projektarbeit und als fester Bestandteil des Semesterthemas wurden Austauschformate mit vertiefenden Texten und externen Gästen durchgeführt, die sich mit der Rolle von Design im gesellschaftlichen Kontext beschäftigen. Diese Formate dienten uns als Hilfestellung, unsere Arbeit als kritische Form von Designpraxis zu verstehen und zu entwickeln.
Gäste waren dabei im Wintersemester 2020/2021:
· Marek Tuszynski, Co-founder und CD von Tactical Tech
· Anna Meïra Greunig und Lila Steinkampf, Base for New Visual Journalism
· Isabel Seiffert and Christoph Miler, Offshore Studio
· Léopold Lambert, “The Funambulist”